Vom 13. bis 15. September 2023 fand in Saarbrücken der 32. Deutsche EDV-Gerichtstag (EDVGT) unter dem Motto „Digitaler Rechtsstaat“ statt. Dabei bot der EDVGT insbesondere auch viele Vorträge und Themen, die für die Versicherungsbranche von großer Bedeutung sind.
Der erste Tagungstag begann mit einem Schwerpunkt auf IT-Sicherheit. Dabei wurden aktuelle Erkenntnisse und bewährte Praktiken zur IT-Sicherheit vorgestellt, die einem aus dem Themenfeld der Cyberversicherung bestens bekannt erschienen.
Eröffnung des EDVGT durch die Vorsitzende des
geschäftsführenden Vorstands des EDVGT, Frau Dr. Anke Morsch,
Prsädientin des Finanzgerichts des Saarlandes
Ein Schwerpunkt des EDVGT und der gegenwärtigen Diskussionen über die Digitalisierung der Justiz ist der Einsatz von KI, insbesondere Großen Sprachmodellen (Large Language Models). Im Rahmen der von Prof. Dr. Matthias Grabmair moderierte Veranstaltung „Dialogbasierte technische Sprachsysteme: Chat GPT und Co.“ beleuchteten u.a. der bayerische Justizminister Georg Eisenreich und der Berliner Rechtsanwalt Tom Braegelmann die Rolle von KI-gestützten Systemen in der juristischen Kommunikation. Die lebhafte Diskussion betraf auch Themen der Regulierung von Justiz-KI-Programmen in Hinblick auf zu vermeidende Diskriminierung und eine zu gewährleistende Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen. Dieselben Fragestellungen ergeben sich bei einem Einsatz von KI in der Versicherungsbranche – hierzu hat kürzlich die Geneva Association eine Stellungnahme veröffentlicht (siehe hier).
An verschiedenen Punkten befasste sich der EDVGT auch mit dem besonderen Phänomen der Massenklagen, die die Justiz vor enorme Herausforderungen stellt und einen Digitalisierungsschub besonders erforderlich erscheinen lassen. Aus der Versicherungsbranche betrifft dies insbesondere die tausenden derzeit anhängigen Beitragsanpassungsklagen.
Blick ins E-Werk: Abendveranstaltung
Im Rahmen der Bund-Länder-Kommission wurde zum einen die Erarbeitung einer umfassenden KI-Strategie für die Justiz erörtert; zum anderen wurde mit JANO (Justiz ANOnymisierungstool) ein konkretes KI-Projekt vorgestellt. Eine durch dieses Tool ermöglichte, breite Veröffentlichungspraxis im Hinblick auf auch unterinstanzliche Urteile würde auch Prozessbevollmächtigten und Parteien in versicherungsrechtlichen Streitigkeiten entgegenkommen.
Insgesamt war der Deutsche EDV-Gerichtstag 2023 mit über 800 Teilnehmer:innen gut besucht und bot vielerlei Gedankenanstöße für die digitale Justiz von morgen.
Von Prof. Simon J. Heetkamp