Der Beklagte (und Mieter) kam mit einem gemieteten LKW in einer abschüssigen Rechtskurve von der rechten Fahrbahnseite ab. An den LKW hatte der Beklagte einen Anhänger befestigt, in einer Kurve kam das Gespann ins Schleudern wobei der gemietete LKW beschädigt wurde. Weil der Anhänger des Beklagten keine TÜV-Zulassung hatte und zum anderen die Druckluftbremsanlage unsachgemäß durch einen eigenen Schlauch mit dem LKW verbunden war, klagte der Vermieter des LKW auf Schadenersatz gem. § 280 BGB. So der Sachverhalt in dem Urteil des LG Bonn, Urteil vom 28. Oktober 2016 – 1 O 110/15.
1. Im Mietvertrag war folgendes geregelt:
Klausel VII 2. Haftungsreduzierung
„VI. Haftung des/der Mieter/s
Der/die Mieter haftet/n für alle von ihm/ihnen zu vertretenden Schäden, die während der Mietzeit (…) am und durch das Mietfahrzeug entstehen. (…)
VII. Haftungsreduzierung
1. Ist eine Haftungsreduzierung nach den Grundsätzen einer Vollkasko-Versicherung gegen zusätzliches Entgelt vereinbart worden, reduziert sich die Haftung nach Ziffer VI. bis zu einer Höhe der vereinbarten Selbstbeteiligung. (…)
2. Trotz einer vereinbarten Haftungsreduzierung haftet/n der/die Mieter unbegrenzt für den gesamten Schaden, wenn er diesen grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt hat. (…)“
2. Bei Mietverträgen muss der Mieter vom Vermieter genauso gestellt werden, als ob eine Kaskoversicherung bestünde (BGH NJW 2012, 222). Aus diesem Grund hält das LG Bonn die Klausel der Haftungsreduzierung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Ziffer 1. BGB für unwirksam. Die genannte Klausel entspricht nämlich nicht dem Leitbild einer Vollkaskoversicherung, da sie anders als in § 81 Abs. 2 VVG vorgesehen keine Kürzung der Leistung, sondern völlige Leistungsfreiheit vorsieht. Weil aber nach § 306 Abs. 2 BGB, anstelle einer unwirksamen Klausel, die entsprechende gesetzliche Vorschrift eingreift, bleibt § 81 Abs. 2 VVG auf diesem Weg anwendbar (vgl. hierzu auch Günther/Spielmann, VersR 2012, Heft 13, 549 ff.
3. Allerdings hat das LG Bonn eine – vom Vermieter zu beweisende – grob fahrlässige Herbeiführung des Unfalls verneint. Auf erste Sicht scheint alles für eine grobe Fahrlässigkeit zu sprechen, bei näherer Betrachtung stellt sich dies jedoch anders dar:
3.1. Der Mieter fuhr laut Fahrtenschreibers mit 72 km/h in die Kurve. Nach einer erneuten Prüfung kam der Sachverständige nur noch auf 51 km/h bis 57km/. Da diese Geschwindigkeit nicht überhöht war und weil in Verbindung mit dem kurvenreichen abschüssigen Verlauf der Straße plötzlich auftretende Witterungseinflüsse als Mitursache für das Unfallgeschehen nahelagen, ging das Gericht nicht von einem grob fahrlässigen Verhalten aus.
3.2. Dies gilt auch bezüglich der abgelaufenen TÜV-Zulassung des Anhängers. Nach § 29 StVZO ist der Halter zu Untersuchung der Kraftfahrzeuge und Anhänger verpflichtet. Dieser Pflicht kam der Mieter nicht nach. Das LG Bonn ging davon aus, dass die Nutzung des Anhängers im Straßenverkehr ohne TÜV-Zulassung kein grob fahrlässiges Verhalten begründet, denn ein allgemeiner Erfahrungssatz dahingehend, dass die Benutzung eines Anhängers ohne TÜV-Zulassung ein grob fahrlässiges Fehlverhalten im Straßenverkehr begründet, besteht nicht (BGH NJW 2003, 1118, BGH NJW 1985, 2648).
3.3. Weiter hatte der Mieter als Verbindung zur Druckluftbremsanlage keine Bremsschläuche nach der Norm „DIN 74310“ genutzt, nach Ansicht eines Zeugen handelte es sich vielmehr um „Gartenschläuche.“ Das Gericht vertraute in seiner Entscheidung voll und ganz auf das Urteil eines Sachverständigen, der nachgewiesen hatte, dass die „Gartenschläuche“ den vorgegeben Funktionsmaßnahmen des Herstellers für die Brems- und die Vorratsleitungen entsprechen würden. Dann fehlt es jedoch an der Kausalität des Verstosses.
4. Aus diesem Grund liegt auch der Tatbestand einer Gefahrerhöhung nicht vor. Zwar kann die Verwendung unsicherer Bremsen mit der Folge eines Bremsversagens bei einem Anhänger eine Gefahrerhöhung darstellen (so LG Düsseldorf, Urt. v. 17.07.2008 – 11 O 377/04). Da die Bremsen im vorliegenden Fall funktionstüchtig waren musste das Gericht die Frage, ob sich diese durch einen Anhänger geschaffene Gefahrerhöhung auch auf die Zugmaschine erstreckt (so LG Düsseldorf a.a.O) letztlich nicht beantworten – die hierfür beweispflichtige Vermieterin konnte schon den Tatbestand einer Gefahrerhöhung nicht darlegen. Hinzu kommt der vom LG Bonn nicht erörterte Umstand, dass auch das für eine Gefahrerhöhung erforderliche Moment der Dauerhaftigkeit fehlt sowie der VN den Kausalitätsgegenbeweis des § 26 VVG erbringen konnte.
Eine gut aufbereitete, wertvolle Information! Danke sehr.