Grundlagen

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Die neuere Forschung aus dem Gebiet der kognitiven Verhaltensforschung und der Neuropsychologie hat tiefgreifend das allgemeine Bild eines rational agierenden Menschens korrigiert. Die Studienergebnisse von Kahneman und Tversky und vielen anderen Forschern (u.a. Slovic, Thaler, Schwarz, Gigerenzer und Ariely) haben in diesem Kontext ergeben, dass die Wahrnehmung unserer Lebensumstände elementar von der gegebenen Wirklichkeit abweicht.

Interessant ist dabei, dass nicht nur Laien derartigen kognitiven Verzerrungen unterliegen, sondern auch Manager, Juristen, Politiker oder Ärzte. Die Disziplin der „Behavioral Economics“, aber auch im speziellen Bereich der Versicherungen die Disziplin der „Behavioral Insurance“, greifen diese Themen auf.

Einige zentrale Elemente der Forschungsarbeit von Daniel Kahneman aus seinem Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ (München 2011) werden im Folgenden dargestellt und ergänzend aus der speziellen Perspektive der „Behavioral Insurance“ betrachtet. Dabei liegt der Fokus auf den nachstehenden Themen:

Exkurs: Rekognitionsheuristik: Studie von Gigerenzer und Goltstein (1999) – Welche Stadt hat mehr Einwohner: San Antonio oder San Diego? Diese Frage haben die Psychologen Gerd Gigerenzer und Daniel G. Goldstein den Teilnehmern ihrer Studie zur Rekognitionsheuristik (1999) gestellt – und zwar einmal US-Teilnehmern und einmal deutschen Teilnehmern. Eigentlich müsste man annehmen, dass die Amerikaner diese Frage besser beantworten konnten als die Deutschen – so ist vielen Deutschen zwar San Diego ein Begriff, San Antonio hingegen eher weniger. Tatsächlich war es so, dass die deutschen Teilnehmer zu 100 % die richtige Antwort gaben (damals San Diego) – die US-Teilnehmer jedoch nur zu 62 %. Woran liegt das? Mit diesem Experiment wollten Gigerenzer und Goltstein zeigen, dass sich bei der Wahl zwischen zwei Objekten (hier: Städte), von denen eine bekannt und die andere unbekannt ist, häufiger für das bekannte Objekt entschieden wird.

Das ist nichts anderes als eine Heuristik – also eine vereinfachte Entscheidungsfindung. Die Deutschen haben sich automatisch dieser Rekognitionsheuristik bedient: Anstatt die tatsächliche Größe zu bewerten, wurde der Bekanntheitsgrad als alternatives Bewertungskriterium für die Größe verwendet. Denn kennt man eine Stadt und die andere nicht, so spricht vieles dafür, dass die bekanntere Stadt auch mehr Einwohner haben muss.

Zwei Systeme des Denkens

Kahneman differenziert unsere Denkweise in zwei unterschiedlichen Systemen.

System 1 bezeichnet das kognitive System des Geistes, welches automatisch und unbewusst abläuft. Sinneseindrücke und Gedanken werden zunächst von System 1 erfasst und verarbeitet („schnelles Denken“), bevor sie gegebenenfalls durch System 2 kontrolliert oder weiterverarbeitet werden. 

System 2 bezeichnet das kognitive System des Geistes, welches rational, analytisch und logisch arbeitet. Es überwacht die Aktivitäten von System 1 und greift gegebenenfalls korrigierend ein („langsames Denken“).

Heuristiken und kognitive Verzerrungen

Heuristiken sind (einfache) Faustregeln für die Entscheidungsfindung. Die eigentliche Zielfrage wird automatisch durch eine einfachere Frage (heuristische Frage) ersetzt, die sich auch nur mit einem geringen Teil verfügbarer Informationen beantworten lässt, so dass eine kognitive Entlastung herbeigeführt wird.

Selbstüberschätzung

Menschen neigen dazu sich selbst zu überschätzen. Wir überschätzen unsere Fähigkeiten, unsere Beeinflussung und die Vernunft unseres Verhaltens.

Weiterführende Literatur und Quellen

• Ariely, D.: Predictably Irrational – The Hidden Forces That Shape Our Decisions, 1. Auflage, New York: HarperCollins, 2008.

• Bauer, B.; Kath, H.: Der unvernünftige Kunde – Mit Behavioral Economics irrationale Entscheidungen verstehen und beeinflussen, München: Redline Verlag, 2014.

• Beck, H.: Behavioral Economics – Eine Einführung, Berlin: Springer Gabler, 2014.

• Daxhammer, R.J.; Facsar, M.: Behavioral Finance – Verhaltenswissenschaftliche Finanzmarktforschung im Lichte begrenzt rationaler Marktteilnehmer, Konstanz und München: UVK Verlagsgesellschaften und UVK/Lucius, 2012.

• Gigerenzer, G.: Bauchentscheidungen – Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition, München: Goldmann Verlag, 2008.

• Kahneman, D.: Schnelles Denken, langsames Denken, 1. Auflage, München: Siedler Verlag, 2012.

• Scheier, C.; Held, D.: Wie Werbung wirkt – Erkenntnisse des Neuromarketing, Freiburg: Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, 2008. • Thaler, Richard H.; Sunstein, Cass R.: Nudge – wie man kluge Entscheidungen anstößt, 4. Auflage, Berlin: Ullstein, 2014.

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