Entscheidungsfindung
Versicherungen dienen dazu, einen Großteil der persönlichen und materiellen Existenz der Kunden abzusichern. Zu diesem bedeutendem Zweck investiert der Kunde dauerhaft einen signifikanten Anteil seines Einkommens in Versicherungsprodukte. Es entsteht ein hohes Entscheidungsrisiko.
Das Produkt der Versicherung bewertet der Kunde auf der einen Seite als durchaus sinnvoll. Auf der anderen Seite ist es für ihn in höchstem Maße gleichgültig, da er aufgrund der Komplexität des Produkts kein Interesse besitzt, sich tiefergehend mit diesem Thema zu beschäftigen. Auch das Internet und moderne Medien haben an dieser Entwicklung im Laufe der Jahre nichts ändern können. Der Entscheidungsaufwand (Art und Umfang der genutzten Informationen) ist daher tendenziell gering und der Relevanz der zu treffenden Entscheidungen wenig angemessen.
Zudem gerade beim Thema Versicherungen ein hoher Entscheidungsaufwand notwendig ist, um das komplexe Produkt Versicherung im Detail zu verstehen und bewerten zu können. Nur wenn der Kunde diesen Weg geht, kann er für sich, unter Abwägung aller entscheidenden Bewertungskriterien, das für sich passende Produkt finden (vgl. Assekurata, 2006, Die Bedeutung von Ratings für den deutschen Versicherungsmarkt, S. 5; vgl. Müller-Peters, 2015, Behavioral Insurance – Schwerpunktbeitrag Gabler-Versicherungslexikon, S. 3).
Determinanten von Kaufentscheidungen
Kaufentscheidungen von privaten und institutionellen Versicherungskäufern werden nicht vollkommen rational getroffen und weichen somit von der Verhaltensweise eines „Homo Oeconomicus“ ab.
Kaufentscheidungen sind dabei im Wesentlichen abhängig von den drei folgenden Determinanten:
- Entscheidungsaufwand (Art und Umfang der genutzten Informationen)
- Nutzung von Heuristiken im Rahmen vereinfachter Entscheidungsprozesse
- Einfluss von Motiven, Emotionen und Intuitionen
Da jeder Kunde jede einzelne dieser drei Einflussfaktoren unterschiedlich stark und in unterschiedlicher Art und Weise gewichtet, kommt es zu unterschiedlichen Verhaltensweisen zwischen den einzelnen Kundengruppen. Als Folge dessen lassen sich zahlreiche Anomalien im Versicherungsmarkt beobachten.
Eine verbreitete Typologisierung von privaten Versicherungskunden besteht in der folgenden Unterscheidung (vgl. Adelt/Müller/Stephan, 1994, Typologie privater Versicherungsnehmer):
- Distinguiert-Unabhängige
- Anspruchsvolle Delegierer
- Preisorientierte Rationalisten
- Treue Vertreterkunden
- Überforderte Unterstützungssucher
- Skeptisch-Gleichgültige
Die Typologie wird regelmäßig im Kundenmonitor Assekuranz des Marktforschungsinstituts Yougov erhoben und aktualisiert. Einen Überblick über die Typologie dieser unterschiedlichen Kundengruppen bietet die folgende Präsentation (vgl. Müller-Peters, 2015, Präsentation: Kundenverhalten und Kundentypen).
Für Versicherungsunternehmen ist es durchaus sinnvoll, ihr Kundenportfolio auf die unterschiedliche Ausprägung dieser einzelnen Kundentypen zu untersuchen, um allgemein eine individuelle und persönliche Beratungs- und Betreuungsmöglichkeit anbieten zu können und dabei die individuellen Bedürfnisse eines jeden Kunden zu berücksichtigen.