US-Wahl: Happy End, aber nicht für die Demoskopie?

Mal was anderes als Versicherung: Haben auch Sie am Morgen des 4. November – wie die Mehrheit der Deutschen – mit Joe Biden gezittert? Obwohl der Wahlausgang im Vorfeld schon ziemlich entschieden aussah zugunsten der Demokraten, denen ein satter Vorsprung von ungefähr 8% der Stimmen und damit – trotz der Besonderheiten auf Ebene der einzelnen Bundesstaaten – auch ein recht komfortabler Vorsprung bei der Zahl der letztendlich entscheidenden Wahlmänner vorhergesagt war?

Die heißkalte Dusche haben Sie nicht nur der Art der Stimmauszählung in den USA zu verdanken, bei der Briefwähler, Early Voters sowie manche urbane und damit meist demokratisch orientierte Wahlkreise erst am Ende drankamen, was die späte Aufholjagd zugunsten Bidens erklärt. Sondern auch der Tatsache, dass die Wahlforscher (oder Pollster, wie es vor Ort heißt) ziemlich weit daneben lagen und damit vorab eine trügerische Gewissheit verbreiteten.

Wenn wir nun davon ausgehen, dass Biden am Ende trotz aller juristischen Versuche Trumps bestätigt wird, haben wir pikanterweise ein Bild, dass sich gegenüber der Wahl 2016 genau umgekehrt hat: Damals fielen die Vorhersagen deutlich knapper zugunsten von Hillary Clinton aus, und obwohl am Ende der „falsche“ Kandidat gewann, was den Wahlforschern viel Häme einbrachte, lagen deren Prognosen dennoch nahe am damaligen Wahlergebnis. Diesmal ist es umgekehrt: Die Pollster sahen zwar letztendlich den richtigen Kandidaten vorne, lagen aber in der prognostizierten Stimmverteilung inakzeptabel weit daneben, und haben sich so die Kritik aus 2016 redlich verdient.

Die Gründe dafür sind vielfältig und liegen teils in der konkreten Situation dieser spezifischen, aufgeladenen Situation nach 4 Jahren Trump-Regierung. Teils resultieren sie aber auch aus grundsätzlichen Entwicklungen der Umfrageforschung einerseits und der Parteienlandschaften andererseits, und zwar nicht nur in den USA, sondern auch bei uns in Europa. Was das für die Zukunft der Wahlforschung, aber auch der Meinungs- und Marktforschung insgesamt bedeutet, und ob wir in Zukunft noch auf verlässliche Wahlprognosen hoffen können, habe ich in zwei Beiträgen auf dem Portal der Meinungs- und Marktforscher marktforschung.de etwas ausführlicher beleuchtet.

https://www.marktforschung.de/aktuelles/marktforschung/prognosedebakel-oder-ende-gut-alles-gut-waren-die-us-wahlprognosen-doch-nicht-so-schlecht/

https://www.marktforschung.de/aktuelles/meinung/marktforschung/hat-trump-recht/

von Prof. Horst Müller-Peters

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