Das OLG Hamm hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein Versicherungsnehmer, der mit seinem Kfz im Rahmen einer sogenannten Touristenfahrt auf der Nordschleife des Nürburgrings verunglückt, einen Leistungsanspruch gegen seinen Vollkaskoversicherer hat. Der Versicherer berief sich auf den in den AKB enthalten Risikoausschluss „Kein Versicherungsschutz besteht für Touristenfahrten auf offiziellen Rennstrecken.“ 1. Unter dem Hinweis auf die genannte Bestimmung lehnte der Versicherer die Regulierung ab. Das war deshalb problematisch, weil der Versicherer von A.2.9.2 AKB 2015 zu Lasten des Versicherungsnehmers abgewichen ist. Nach dieser Bestimmung besteht nur dann kein Versicherungsschutz, wenn das Kfz bei Veranstaltungen benutzt wird, bei denen es auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt. Dies ist bei Touristenfahrten und Gleichmäßigkeitsprüfungen aber nicht der Fall.
Das OLG Hamm hat den Ausschluss für Touristenfahrten nicht beanstandet und Kaskoversicherungsschutz für Unfallschäden verneint, die sich bei „Freiem Fahren“ auf der Nordschleife des Nürburgrings zutragen. Der in den Versicherungsbedingungen enthaltene Risikoausschluss Ziff. A.2.17.4 AKB „Kein Versicherungsschutz besteht für Touristenfahrten auf offiziellen Rennstrecken“ ist wirksam. Das hat das OLG Hamm entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des LG Hagen bestätigt.
2. Der Entscheidung des OLG Hamm ist zuzustimmen:
Nicht selten sind Unfälle auf Rennstrecken – wie etwa dem Nürburgring oder Hockenheimring – Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer. Hier hat der Kaskoversicherer die Möglichkeit seine Leistungspflicht durch die sogenannte Touristenklausel auszuschließen.
Zu einer vergleichbaren Ausschlussschlussklausel hat das OLG Karlsruhe bereits entschieden, dass der Risikoausschuss in der Vollkaskoversicherung angesichts der Gestaltung und Formulierung weder überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB noch intransparent i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist. Die Klausel benachteiligt den Versicherungsnehmer auch nicht in sonstiger Weise entgegen den Geboten von Treu und Glauben i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB (Vgl. OLG Karlsruhe Urt. v. 15.4.2014 – 12 U 149/13, BeckRS 2014, 09286, beck-online). Nach dem OLG Hamm ist es auch irrelevant, dass die Ausschlussklausel eine Abweichung gegenüber den AKB 2015 des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) darstellt.
Welche Risikoausschlüsse in der Kraftfahrthaftpflichtversicherung vereinbart werden können, ist durch die abschließende Aufzählung in § 4 KfzPflVV vorgegeben. Ein Risikoausschluss für Touristenfahrten wäre in der Kraftfahrthaftpflicht gemäß § 4 Nr. 4 KfzPflVV nicht möglich, da ausschließlich behördlich genehmigte kraftfahrtsportliche Veranstaltungen i.S.v. § 29 Abs. 2 StVO vom Versicherungsschutz ausgeschlossen werden können. Für genehmigte Veranstaltungen erschien ein Risikoausschluss deswegen tragbar, weil dann vom Vorliegen einer besonderen Rennversicherung ausgegangen werden kann (Vgl. Stiefel/Maier/Maier, 19. Aufl. 2017, AKB 2015 Rn. 222, beck-online). § 2 KfzPflVV bestimmt den Mindestinhalt des Versicherungsumfangs und ist halbzwingendes Recht, zulässig sind demnach nur Erweiterungen des Versicherungsschutzes. Eine Unterschreitung ist dagegen nach § 134 BGB nichtig und der Vertrag durch die in § 2 KfzPflVV getroffene Regelung zu ergänzen (Stiefel/Maier/Jahnke, 19. Aufl. 2017, KfzPflVV § 2 Rn. 4-5, beck-online). Anders in der Kaskoversicherung: Dort ist der Versicherer bei der Gestaltung seiner Bedingungen nicht an die Vorgaben der KfzPflVV gebunden. Die Formulierung eines Risikoausschlusses, wonach kein Versicherungsschutz für Touristenfahrten besteht, ist daher möglich und nach dem OLG Hamm auch wirksam.
Beschlusses des OLG Hamm vom 8.03.2017 – 20 U 213/16 z.B. veröffentlich in BeckRS 2017, 107679, aber freier Zugriff über open jur, zB. hier