Trugspuren bei Einbruchdiebstahl – Was muss der Versicherungsnehmer beweisen ?

Trotz diverser Aufbruchspuren und dem durch den Kläger erbrachten Nachweis zum Fehlen des Stehlgutes lehnte das LG Dortmund die Klage auf eine Entschädigungsleistung durch den Versicherer ab, mit der Begründung der Kläger sei seiner Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Vorliegens stimmiger und geeigneter Einbruchspuren nicht ausreichend nachgekommen.
Zu Recht?

1. Der dem Urteil des LG Dortmund v. 17.03.2016 – 2 O 403/13 zugrunde liegende Sachverhalt:

  • Als der Kläger aus seinem Urlaub zurückkehrte, bot sich ihm mit Blick auf die Zugangstüren des  Hauses ein Bild, vor dem sich viele Menschen fürchten. Die Terrassentüre wies deutliche, vielfältige Spuren von Gewalteinwirkung auf, wie zum Beispiel eine Hebelmarke, die bis ins Innere der Türzarge führte und das Holz splittern ließ. Auch an dem Rollladen befand sich eine Hebelspur, mit der der Rollladen gewaltsam zurück in seinen Kasten geschoben werden konnte. Da der Täter jedoch anscheinend Schwierigkeiten hatte in das Gebäude zu gelangen, versuchte er mit einem später am Tatort zurück gelassenen Stein die Scheibe einzuwerfen. Auch an einer weiteren Zugangstüre des Hauses konnten Spuren festgestellt werden. Der Kläger meldete daraufhin den Schaden seinem Hausratversicherer, bezifferte das Stehlgut mit mehr als 25.000 € und verlangte für die Reparaturkosten der Gebäudebeschädigungen einen Ersatz über 2.000 €. Zum Tathergang gab er an, dass die Täter wohl über die stark beschädigte Terrassentüre oder zerstörungsfrei durch die weitere Zugangstüre eingedrungen seien.

 

  • Da der Kläger der Beklagten den genauen Zutrittsweg in das Gebäude nicht nennen konnte und sicherlich auch aufgrund der Gesamtschadenhöhe, wurde durch die Beklagte ein Sachverständiger zur exakten Analyse der Aufbruchspuren beauftragt. Das Ergebnis war für manche sicherlich überraschend… Der Sachverständige konnte bei jeder einzelnen Beschädigung ausschließen, dass diese dienlich war um dem Täter Zutritt zu verschaffen. Und auch die Originalschlüssel wiesen keine Kopierspuren auf. Der Versicherer lehnte daraufhin die Zahlung einer Entschädigungsleistung ab.

 

  1. Die Gründe der Entscheidung im Einzelnen:
  • Durch die deutlichen, vielfältigen Spuren von Gewalteinwirkung an den Zugangstüren des versicherten Gebäudes war zweifelsfrei belegt, dass sich ein Einbrecher auf unberechtigte Art und Weise Zutritt zum Gebäude verschaffen wollte. Dieses äußere Erscheinungsbild eines Einbruchdiebstahls lässt jedoch noch keinen Schluss darauf zu, ob die Gewalteinwirkung des Täters auch tatsächlich zum Erfolg führte und somit ein vollendeter Einbruchdiebstahl im Sinne des § 5 Nr. 1a der VHB 84 vorliegt.

 

  • Das LG Dortmund gestand dem Kläger hinsichtlich der Plausibilisierung der faktisch vorliegenden Einbruchspuren auch keine Beweiserleichterungen zu. Die Klage wurde mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei seiner Darlegungs- und Beweislast nicht ausreichend nachgekommen und den Beweisen der Beklagten nicht ausreichend entgegengetreten. Nach Meinung des LG Dortmund obliegt es dem Kläger zu beweisen, dass der geschilderte Tathergang, beurteilt nach den gegebenen Einbruchsspuren und damit dem äußeren Bild, nicht völlig ausgeschlossen werden kann. In diesem Fall hatte jedoch vielmehr der Versicherer durch das Sachverständigengutachten den Beweis geführt, dass es sich hier um sogenannte Trugspuren handelt.

 

  1. Der Bezug zu anderen Entscheidungen:
  • Nach einer aktuellen Entscheidung des BGH (Urt. vom 8. April 2015 – IV ZR 171/13) müssen dem Kläger im Falle eines Einbruchdiebstahlschadens Beweiserleichterungen zu teil werden, da gerade bei Fällen dieser Art der Täter möglichst unauffällig agiert und es daher kaum Zeugen gibt. Wenn der Versicherungsnehmer stets den Vollbeweis führen müsste, würde dies dazu führen, dass der Versicherungsschutz hinsichtlich der Gefahr Einbruchdiebstahl ausgehöhlt werden würde. Es ist nicht notwendig, dass der Kläger beweist, dass es sich um geeignete, stimmige Spuren eines Einbruchdiebstahls handelt. Durch diese Beweiserleichterungen wurde als Mindestmaß lediglich vorausgesetzt, dass das äußere Bild der Einbruchspuren mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf ein versichertes Ereignis zulässt und dass sich das Stehlgut nachweislich vor dem angezeigten Einbruchdiebstahl an dem Tatort befunden hat und später nicht mehr aufzufinden war. Der Versicherer ist jedoch in den Ausnahmefällen nicht zur Leistung verpflichtet, in denen sich trotz dem äußeren Bild eines Einbruchdiebstahls, ein solcher aus anderen Gründen völlig ausschließen lässt und es damit am Nachweis der erforderlichen Mindesttatsachen fehlt.

 

  • Nach einer früher ergangenen Rechtsprechung des BGH (Urt. vom 20. Dezember 2006 – IV ZR 233/05) gehört zum Nachweis des äußeren Bildes eines Einbruchdiebstahles nicht einmal, wie der Täter auf eine fast 3,5 Meter hohe Loggia gelangen konnte, um dort die Zugangstüre ins Innere aufzuhebeln. Das äußere Bild eines Einbruches war nach Auffassung des BGH bereits deshalb gegeben, da der Kläger beweisen konnte, dass an der Zugangstüre Einbruchsspuren vorliegen und Gegenstände die sich vorher am Tatort befunden haben nicht mehr aufzufinden waren. Die Frage nach dem Weg des Täters sei damit nicht dem äußeren Bild eines Einbruches, sondern lediglich dem eventuellen Vortäuschen des Versicherungsfalls zuzuordnen, für den der Versicherer beweisbelastet ist.

 

  • Das OLG Frankfurt am Main (Urt. vom 25. Juni 2009 – 7 U 32/09) entschied zudem, dass das äußere Bild eines Einbruchdiebstahles sogar dann als gegeben anzusehen ist, wenn nicht einmal Einbruchsspuren vorliegen. Hierzu muss der Kläger lediglich den Beweis führen, dass  die nicht versicherten Begehungsweisen auszuschließen oder zumindest unwahrscheinlich seien. Hieraus muss sich im Umkehrschluss ergeben, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine versicherte Begehungsweise anzunehmen ist. Für das Vorliegen eines bedingungsgemäßen Einbruchdiebstahlschadens spricht in solchen Fällen auch, dass z.B. eine Türe lediglich ins Schloss gezogen war, dass die Wohnung augenscheinlich durchwühlt wurde und dass unverzüglich eine polizeiliche Meldung erfolgte. Das offensichtliche Fehlen von Einbruchspuren beseitigt nach Auffassung des OLG Frankfurt am Main nicht zwingend das äußere Bild eines Einbruches.

Die Auswirkungen auf die Praxis

Nach Auffassung des LG Dortmund kann es nicht genügen, dem Kläger lediglich den Beweis des Vorliegens von Einbruchspuren in Verbindung mit dem Fehlen von Stehlgut, welches sich vorher nachweislich am Tatort befunden hat, aufzuerlegen. Vielmehr ist es erforderlich, dass der Kläger darüber hinaus auch plausibilisieren und beweisen muss, dass die vorliegenden Einbruchspuren auch geeignet sind, einen bedingungsgemäßen Einbruchdiebstahl zu belegen. Dieses Urteil ist nicht als unproblematisch anzusehen. In den Urteilen des BGH, als höchstrichterliche Rechtsprechung, wurde begründet, dass es nicht zulässig ist, dem Versicherungsnehmer eine weitreichendere Beweislast aufzuerlegen. Der Versicherungsnehmer muss lediglich beweisen, dass das äußere Bild der Einbruchspuren mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf ein versichertes Ereignis zulässt und dass sich das Stehlgut nachweislich vor dem angezeigten Einbruchdiebstahl an dem Tatort befunden hat und später nicht mehr aufzufinden war. Bereits dann ist die erste Stufe, für die der Versicherungsnehmer die Beweislast trägt, als erreicht anzusehen. Sollten sich im Nachgang Zweifel daran ergeben, dass die Spuren geeinigt sind den Tatbestand eines Einbruchdiebstahles zu erfüllen, ist der Versicherer hierfür auf der zweiten Stufe beweisbelastet.

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