Datenschutzkonforme dash-cam ?

Der BGH hat mit einem viel beachteten Urteil vom 15.05.2018 entschieden, daß in einem  Kfz-Unfallprozeß auch ein unter Verstoß gegen Datenschutzrecht erlangtes Video einer dash-cam verwertet werden darf. Es stellt sich aber weiter die Frage, ob es nicht doch möglich ist, eine bereits datenschutzkonforme dash-cam einzusetzen ?

1.  Zur Frage der vom BGH zugelassenen Verwertbarkeit gibt es bereits eine Reihe von mehr oder weniger tiefgehenden Beiträgen. Mir selber ist das Urteil des BGH zu großzügig.

Im Falle des BGH ging lediglich um einen kleinen Sachschaden an einem Kfz in Höhe, die Beschwer lag nur bei rund 1.300 €. Ich selber hätte mir  – im Ergebnis – gewünscht, wenn der BGH vertieft einzelbezogen die Abwägung vorgenommen hätte, insb. auch danach differenziert hätte, ob es sich – wie im vorliegenden Fall – lediglich um einen kleinen Kfz-Blechschaden handelt oder z.B. um einen Personenschaden, der über ein simples HWS-Trauma hinausgeht. Bei der zweiten Konstellation wäre eine Abwägung zu Gunsten des „Datenschutzverstoßers“ vorzunehmen, im ersten Fall grds. zu seinen Lasten. Ebenfalls wäre eine Vewertbarkeit m.E. – und zwar unabhängig von der Schadengröße – zu bejahen, wenn feststeht, daß ein sich krass widersprechendes gegenseitige Parteivorbringen vorliegt, bei dem ein „Irrtum“ o.a. ausgeschlossen ist, vielmehr feststeht, daß eine der Parteien unter bewußten Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) vorträgt, also sogar einen versuchten Prozeßbetrug begeht.

2. Der BGH hat in seinem Urteil zart die Möglichkeit einer  datenschutzkonformen dashcam angedeutet:

…es ist technisch möglich, die dauerhafte Aufzeichnung zu vermeiden und lediglich eine kurzzeitige anlassbezogene Speicherung im Zusammenhang mit einem Unfallgeschehen vorzunehmen (….). Dass die vorhandenen technischen Möglichkeiten, die Persönlichkeitsrechte Dritter zu schützen („Privacy by design“), hier nicht genutzt wurden, führt dazu, dass die schutzwürdigen Interessen der anderen Verkehrsteilnehmer mit ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Streitfall die genannten Interessen des Klägers überwiegen.

Nach meiner Auffassung bestehen folgende Möglichkeit einer datenschutzkonformen Nutzung durch das DSGVO-Prinzip „privacy by design“ :

a) Der Fahrzeugführer aktiviert manuell die dashcam, wenn er bereits einen konkreten „Anfangsverdacht“ hat. Dies ist lebensfremd, da in aller Regel die zur Verfügung stehende Zeit für eine Abwägung und Aktivierung der dashcam zu gering ist.

b) Unproblematisch ist die Verknüpfung einer dashcam mit der Fahrzeugsensorik (wie z.B. Einleitung eines scharfen Bremsvorganges, Fahrzeugstabilitätsprogramm wie ESP, Scharfschaltung des Airbags vor dem Unfall o.a.) oder der eigenen Sensorik der dashcam (üblicherweise mittels Beschleunigungsensoren) mit der Folge, daß die dashcam nur bei bestimmten gefahrgeneigten Situationen automatisch aktiviert wird.

c) Am besten ist jedoch die Verhinderung der Speicherung durch deren Aussortierung, so daß z.B. bereits ein  „Beifang“ durch Aufnahme  unbeteiligte Personen, Nummernschilder o.a. verhindert oder stark abgeschwächt wird, und zwar durch eine Verpixelung .

d) Ebenso dürfte der Einsatz einer dashcam zulässig sein, wenn diese eine – vom Nutzer nicht veränderbare – Aufzeichnungszeit von maximal 60 Sekunden, besser nur 30 Sekunden hat und die Daten in einer Endlosschleife überschreibt.

3.  Colorandi causa: In der Vorlesung am 17.10.2018 frug ich mittels des digitalen response system von „pingo“ meine Studenten (Entschuldigung: Studierende bzw. Student*en)

Wenn Sie über ein Kfz verfügen: Haben Sie eine dashcam oder planen Sie deren Anschaffung ?

Das Ergebnis fiel so aus:

0% hatten bereits eine dashcam

42% tragen sich mit dem Gedanke, sich eine dashcam anzuschaffen, zögern aber wegen Rechtsunsicherheit

54% werden sich auf keinen Fall eine dashcam zulegen

4% nutzen keine dashcam, aber eine action cam wie GoPro o.a.

 

Literaturhinweis: Günther, ZfS 2018, S. 562 ff (Oktoberheft)

 

 

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