Vorstandsvergütung: Compliance, Ethik, Politik und Steuer

Der aktuelle Streit um die Höhe von Managergehältern ist so alt wie das System der sozialen Marktwirtschaft in der Republik: Und wer mit dem inhaltslosen Stichwort „Gerechtigkeit“ hausieren geht, springt zu kurz, denn: Was heißt das ? Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ? Angemessene Vergütung für erbrachte Arbeit ? Ist Arbeitsleistung zu messen an Zeiteinsatz oder Kompetenz oder wirtschaftlichem Erfolg oder Umsatzgröße oder Mitarbeiterzahl oder Verantwortungslast ? Oder angemessene Vergütung im Vergleich zu anderen Managern/Mitarbeitern  oder anderen Unternehmen (also intern oder extern), national oder international ? Und sorgt der Staat für mehr Gerechtigkeit als der Markt ?


Markt setzt gleichgewichtige Verhandlungspartner voraus. Die aktuell empfundene Unwucht in der Vergütungsspirale sagt aus, dass der Aufsichtsrat in den vergangenen Jahren kein angemessener Gegenpart für die Vorstände war – überprüft man die Besetzung der Aufsichtsräte auf der Kapitaleignerseite und konstatiert zudem, dass der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat wenig Gewicht zukommt, so spricht manches für diese Sicht – und zudem ist der natürliche Widerpart des Fremdmanagers der Kapitalgeber, sprich Aktionär und Eigentümer. Nur: Können sich die vielen Eigentümer in börsennotierten Unternehmen sinnvoll organisieren ? Die Antwort auf diese Frage ist offen und bislang nicht überzeugend beantwortet. Gleichwohl: EU und nationaler Gesetzgeber werden in jedem Fall die Entscheidungskompetenz in diese Richtung verschieben, verbunden mit der Allzweckwaffe Transparenz.: Auch hier sollte zunächst Klarheit darüber bestehen, ob diese hilft oder sogar falsche Anreize in Richtung Gleichmacherei und Anpassung „nach oben“ auslöst.
Über was reden wir materiell: Durchschnittsgehälter von Vorstandsvorsitzenden DAX-gelisteter Unternehmen liegen bei rd. 5 Mio €, in Europa dürften die Gehälter insoweit zwischen ca. 3,5 und 7,5 Mio€ variieren – in USA für im Dow Jones erfasste Unternehmen liegt der Wert bei etwa 16 Mio €. Allein die Bandbreite des Durchschnitts (!) zeigt, dass eine generelle Festlegung etwa einer Obergrenze des Gehalts sachlich wird kaum zu begründen sein. Das gilt grundsätzlich in gleicher Weise für die Relation zu den sonstigen Gehältern der Angestellten des Unternehmens – zu stark weichen die individuellen Sachverhalte voneinander ab.

Denkbar scheint schon eher eine Begrenzung im Verhältnis zu allgemeinen Durchschnittsgehältern in Deutschland oder etwa ein (hoher) Faktor auf den Hartz IV Betrag oder den gesetzlich festgelegten Mindestlohn – dies allerdings wäre dann eine Entscheidung des Staates, der sich aber grundsätzlich aus Gehaltsfindungen heraushalten sollte – und dies auch weitgehend unter Wahrung der Tarifautonomie in der Vergangenheit getan hat – Ausnahme aber (Kehrtwende?): der Mindestlohn. Trotzdem: Politisch lässt sich auch eine solche Begrenzung unter dem Stichwort Zusammenhalt der Gesellschaft, Sozialstaatsprinzip und wirtschaftsethischen Ansätzen durchaus begründen, allerdings muss man dies dann klar sagen und demokratische Mehrheiten im Parlament hierfür organisieren. Unlauter ist, mit der Begründung, mehr für soziale Gerechtigkeit sorgen zu wollen, Steuererhöhungen zu lancieren. Denn mit dem Vorschlag, Managergehälter ab einer bestimmten Größenordnung auf Unternehmensebene steuerlich nicht mehr zum Abzug zuzulassen, ist doppelt falsch: Zum einen ist es wenig mutig, nicht offen zusagen, was gewollt ist, nämlich die Entscheidungsgremien in Unternehmen zu veranlassen, Gehälter aufgrund der ausgelösten Mehrkosten zu senken; zum zweiten wird dies aller Voraussicht nach nicht erfolgreich sein, da die Belastung jedenfalls der DAX-Unternehmen durch Vorstandsgehälter und darauf lastende Steuerlast dann doch trotz allem für das Gesamtergebnis nicht so entscheidend sind; zum dritten aus außersteuerlichen Gründen der unbestreitbare Charakter eines Gehalts als Betriebsausgabe steuerlich in Abrede gestellt wird, es also erneut eine Ausnahmeregelung gibt, die die Liste der nicht-abzugsfähigen Betriebsausgaben verlängert. Ist schon die hälftige Nichtabzugsfähigkeit von Aufsichtsratsvergütungen ein Relikt und müßte dringend korrigiert werden, so wäre die Neueinführung der teilweisen Nichtabzugsfähigkeit  von Vorstandsgehältern ein nächster steuerlicher Schildbürgerstreich. Abgesehen davon, dass zu klären wäre, welche Gehälter überhaupt betroffen sind, wenn sie entsprechende Größenordnungen erreichen (alle, nur Vorstände, Generalbevollmächtigte, u.a. ??).

Was bleibt als Effekt:

Eine (verdeckte) Steuererhöhung aus Gründen, die mit Steuer nichts zu tun haben… aber das wäre nicht das erste Mal!

 

3 Gedanken zu „Vorstandsvergütung: Compliance, Ethik, Politik und Steuer“

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