Drogen = versicherte Sachen in der Hausratversicherung ?

Kriege ich mein Amphetamin wieder ?“ frug eine Angeklagte im Rahmen des ihr gewährten letzten Wortes in ihrer Strafverhandlung. Nun, die ihr gebührende Antwort wird der Strafrichter spätestens in seiner Urteilsbegründung erteilt haben.

Als Versicherungsjurist stellt sich die grundsätzliche Frage: Sind auch Drogen oder andere „verbotene“ Sachen versicherte Sachen in der Hausratversicherung ? Auf den ersten Blick lautet die Antwort „ja“, gehören doch gem. A § 6 Ziff. 2 VHB  zum Hausrat

„alle Sachen, die dem Haushalt des Versicherungsnehmers zur privaten Nutzung (Gebrauch bzw. Verbrauch) dienen.“

1. Wenn es sich jedoch um einen Drogendealer bzw -Drogenhersteller handelt, sieht es anders aus. Dieser kann sich nicht auf A § 6 Ziff. 2 c hh VHB stützen:

„Ferner gehören zum Hausrat

hh) Arbeitsgeräte und Einrichtungsgegenstände, die ausschließlich dem Beruf oder dem Gewerbe des Versicherungsnehmers oder einer mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Person dienen; Handelswaren und Musterkollektionen sind hiervon ausgeschlossen.“

Drogen sind keine Arbeitsgeräte (auch nicht unter Berücksichtigung der m.E. nicht unproblematischen Medikamentenentscheidung OLG Koblenz r+s 2008, 244; zur Beweislast vgl. KG Berlin VersR 2012, 1255). Selbst wenn man dies bejahen würde, greift der Ausschluß für „Handelsware“ bzw. – soweit die Drogen vorab vorgezeigt werden als Kaufanreiz oder zwecks Weiterverkaufs um „Musterkollektionen„.

2. Bei Drogen zum Eigenkonsum scheint die Sache hingegen klar: Diese dienen im wahrsten Sinne des Wortes dem „privaten Verbrauch„, sind also grds. versichert.

3.  Die Lösung, daß dies nicht der Fall ist, findet sich nicht in den VHB, sondern eher im VVG und im BGB:

3.1. Gegenstand der Sachversicherung ist nämlich nicht die Sache, sondern das versicherte Interesse. Verstößt der Besitz der Sache gegen zwingendes Recht (hier also Verstoß gegen das StGB bzw. BtMG), kann daran kein versichertes Interesse bestehen. Es liegt ein gesetzliches Verbot gem. § 134 BGB vor, vgl. auch grundlegend der nigerianische Maskenfall des BGH VersR 1972, 849 (zur aufgrund internationaler Übereinkommen unerlaubten Einfuhr nigerianische Bronzemasken nach Deutschland).

3.2. Unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit wird man nur in engen Ausnahmefällen einer Sittenwidrigkeit Sd § 138 BGB es an der fehlenden Versicherbarkeit scheitern lassen, vgl. Urteil des OLG Köln r+s 2002, 514. Dort ging u.a. um die Entwendung einer Pornofilmsammlung.

Das OLG Köln bejahte die Hausrateigenschaft:

Versichert sind alle Sachen, die nicht in den Versicherungsbedingungen ausdrücklich ausgeschlossen werden oder ausschließlich dem Beruf oder Gewerbe des Versicherungsnehmers dienen. Demnach besteht entgegen der Ansicht der Beklagten keine Handhabe, die „Porno-Videosammlung“ des Klägers mit dem Argument aus dem Versicherungsschutz auszunehmen, sie sei „kein Hausrat“. Der Kläger „gebraucht“ sie so wie andere Menschen etwa Bücher und Schallplatten gebrauchen. Dass es für solche Filme keinen „Markt“ oder keinen „Marktwert“ gebe, ist unzutreffend. Die Behauptung, die vom Kläger als entwendet gemeldeten Filme hätten strafbare Inhalte, hätte durch Darlegungen zu diesen Inhalten und dem Alter der Darsteller substanziiert werden müssen. Allein aus den Titeln der Filme lässt sich derartiges nicht sicher herleiten.

Den Wert der 59 Porno-Videos schätzt der Senat entsprechend der plausiblen Angaben des Klägers auf durchschnittlich 60,- €, den der restlichen Actionfilme auf durchschnittlich 25,- €.

Mithin: Nur wenn der beweisbelastete Hausratversicherer nachgewiesen hätte, daß die in den Filmen mit den Titeln „Young Boys“ usw tätigen Personen unter 18 Jahre alt waren und der Erwerb derartiger Produkte verboten war, hätte das OLG Köln die Klage abgewiesen.

 

3.3. Dabei können sogar Regelungen in den Versicherungsbedingungen unwirksam sein, z.B. wenn der Versicherer im voraus einen Auschluß für eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung iSd § 123 BGB mit dem VN vereinbart (vgl. BGH in seiner HEROS-Entscheidung VersR 2011, 1563).

Weiterführende Literatur:

Kagelmacher, Die Beschränkungen der Privatversicherungsfreiheit im Hinblick auf das Allgemeininteresse sowie auf Rechte Dritte – Die Grenzen der Versicherbarkeit, Monographie, Frankfurt 1996

Günther, Vertragstechnik in der Sachversicherung, iBook, Köln 2012, S.  35ff, S. 193 ff  (kostenlos im Bookstore von Apple zu beziehen, siehe https://itunes.apple.com/us/book/sachversicherung-i/id607178679?mt=11).

2 Gedanken zu „Drogen = versicherte Sachen in der Hausratversicherung ?“

  1. Interessant, dass Drogen zum Eigenkonsum rein theoretisch in die Hausratversicherung mit reinzählen. Ein Freund von mir hat einen Anwalt für Versicherungsrecht aufgesucht wegen seinem medizinischen Gras, das bei einem Brand mitsamt seinem Mobiliar zerstört wurde. Gut zu wissen, dass alle Sachen, die nicht in den Versicherungsbedingungen ausdrücklich ausgeschlossen werden, versichert sind.

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