26. Kölner Versicherungssymposium

„Klasse, sehr spannend … ihr seid klasse … toller Vortrag der Masterstudent:innen …“ so lauteten die meisten Kommentare zu unserem kurzfristig auf die Online-Variante umgestellten 26. Kölner Versicherungssymposium am 25. November 2021 unter dem Thema: Wie können wir uns vor Risiken schützen? Lehren aus der Corona-Pandemie im Hinblick auf neue Risiken. Der Präsident der TH Köln Prof. Dr. Stefan Herzig und der Institutsleiter Prof. Dr. Rolf Arnold begrüßten die 180 Online-Teilnehmenden. Nach einer Einführung von Prof. Horst Müller-Peters berichteten die Master-Studierenden Gina-Luisa Kothe, Yannik Michael Remond, Robin Schüssler und Erik Winkler über die Ergebnisse ihres Projekts „Risikowahrnehmung – vor und nach Corona“. Die zentralen Key Learnings dabei waren:

  • Anders als zum Beispiel in der Mathematik assoziieren die meisten Menschen nur Negatives mit dem Begriff Risiko.
  • Das Risiko von Corona ist für Menschen durch psychologische Wahrnehmungseffekte nur schwer einschätzbar.
  • Nach einer Katastrophe ergreift Deutschland Vorsorgemaßnahmen für das spezifische Risiko, eine grundsätzliche Resilienz des Staates ist jedoch nicht zu beobachten.
  • Die Versicherungswirtschaft hat den volkswirtschaftlichen Schaden nicht getragen.
  • Public Private Partnerships sind in Hinblick auf die Absicherung einer Pandemie am besten geeignet.

Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, gab danach eine volkswirtschaftliche Einschätzung der Schäden der Pandemie. Dabei ging er zuerst auf die kurzfristigen Wertschöpfungsverluste ein, die sektoral bisher sehr unterschiedlich ausgefallen sind. Die stärksten Auswirkungen entstanden hierbei in den Sektoren Handel, Verkehr und Gastgewerbe auf der Entstehungsseite sowie bei den Ausrüstungen auf der Verwendungsseite. Die Automobilproduktion ist dabei besonders stark durch den vorübergehenden Produktionsstillstand wie auch durch die Lieferengpässe bei Teilprodukten betroffen. In der langfristigen Betrachtung stellte Prof. Hüther insbesondere die gewaltigen Lücken bei Arbeitsvolumen und Investitionen, die deutliche Ausweitung der Staatsquote auf über 51 Prozent in 2020 sowie die deutliche Zunahme der gesellschaftlichen Spannungsfelder in den Mittelpunkt seiner Ausführungen.

Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft, erläuterte den Beitrag der Versicherungswirtschaft zu dem Management der Mega-Risiken der Zukunft. Anhand der vier Risikofelder Pandemie, Cyberrisiken, Terrorrisiken und Klimarisiken diskutierte er jeweils den Spannungsbogen von Absicherung durch Versicherungsschutzkonzepte und Präventionsaktivitäten als notwendiges Pendant. Dabei sei das Zusammenspiel von privater Versicherungswirtschaft mit politischen Entscheidern wesentlich.

Philipp Krohn, Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, diskutierte mit den beiden Referenten im Anschluss das Zusammenwirken von Staat und Versicherungswirtschaft.

In seinem Vortrag über die Grenzen der Kalkulierbarkeit ging Prof. Dr. Oskar Goecke, Forschungsstelle FaRis des ivwKöln, auf das Spektrum der Risiken von den bekannten bekannten Risiken bis zu den für uns unbekannten unbekannten Risiken ein. Von der Ausgangsthese „Es gibt keine Grenzen der Kalkulierbarkeit … weil die Zahl das Wesen aller Dinge ist“ – so Pythagoras – gelangte er zu den Aussagen „dass nicht alles kalkulierbar ist und auch nicht kalkuliert werden muss“. Als Mathematiker war daher sein Fazit die wissenschaftliche Demut der Frage der Kalkulierbarkeit aller Risiken.

Prof. Dr. Dirk-Carsten Günther, Leiter der Forschungsstelle Versicherungsrecht des ivwKöln, ging auf die versicherungstechnischen Herausforderungen der sich abzeichnenden Risiken der Zukunft ein. Nach der Darstellung der aktuellen Kommentierungsflut zu „Pandemie und Betriebsschließungsversicherung“ setzte er sich zum einen mit der Frage der Verständlichkeit von Versicherungsbedingungen und zum anderen mit den neuen Gefährdungspotentialen der Cyberrisiken und der Elementarschäden auseinander. Trotz einer recht geringen Zusatzprämie für Elementarschadendeckungen sei die Versicherungsdichte im Bereich der Elementarschadendeckung bei Wohngebäuden immer noch geringer als zum Beispiel in der Rechtsschutzversicherung.

Prof. Dr. Dr. Alexander Lechleuthner, Direktor des Instituts für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr an der TH Köln sowie Mitglied im Krisenstab der Stadt Köln, erläuterte unter dem Thema „Das Management von Komplexität am Beispiel von Covid 19“ die Unterschiede zwischen kompliziert und komplex. Die aktuelle Pandemie sei nicht nur kompliziert, sondern komplex. Anhand der Daten der Stadt Köln erläuterter er dies für den Zeitraum der vergangenen 1,5 Jahre. Zwei wesentliche Erkenntnisse dabei waren:

  • Der Vergleich der Belastungen des Gesundheitssystems in 2020 und 2021 zeigt eindeutig die positive Wirkung der Impfungen. Die hohe Durchdringung mit Impfungen hat in Köln eindeutig dazu geführt, dass die Belastungen des Gesundheitssystems in 2021 deutlich geringer ausgefallen sind als in 2020.
  • Die dennoch sehr belastende Situation in den Krankenhäusern insgesamt und besonders auf den Intensivstationen ist in erster Linie durch den Pflegenotstand und erst in zweiter Linie durch die Anzahl der coronabedingten Patienten verursacht.

Philipp Krohn diskutierte abschließend mit den Referenten und dem Master-Studenten Ken Tribull-Potapczuk über die Gestaltung von Versicherungslösungen für neuartige Risiken sowie über die Lerneffekte aus der Pandemiebewältigung. Für die Zukunft wurde eine gesellschaftliche Resilienz im Umgang mit neuartigen Risiken als Zielsetzung formuliert.

Anlässlich des fünfzigjährigen Jubiläums des ivwKöln an der TH Köln wird in 2022 eine Publikation von 23 Autoren und Autorinnen mit dem Titel „Risiko im Wandel als Herausforderung für die Versicherungswirtschaft“ herausgegeben. Darunter werden mehrere Beiträge der aktuellen Referenten sein.