Gerät ein Fahrzeug ohne Einwirkung eines Dritten in Brand, so ist im Regelfall eine Haftung des Fahrzeughalters für Schäden gegenüber Dritten aus § 7 StVG anzunehmen, welche zur Eintrittspflicht des Kfz-Haftpflichtversicherers dieses Fahrzeugs führt. Das Fahrzeug muss bei der Brandentstehung nicht technisch in Betrieb sein. Für die Verwirklichung der Betriebsgefahr kommt es maßgeblich auf einen nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen Schadenereignis und einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs an. (vgl. BGH 21.01.2014 – VI ZR 253/13)
Doch ist der Kühlschrank eines Wohnmobils als eine Betriebseinrichtung im Sinne der oben genannten Rechtsprechung anzusehen? Diese Frage erörterte der 11. Senat des OLG Hamm im Urteil vom 09.11.2018 – 11 U 113/17.
In dem zugrundeliegenden Fall geriet ein abgestelltes Wohnmobil aufgrund eines Defekts am Kühlschrank in Brand. Das Feuer ging vom (bei der Beklagten versicherten) Fahrzeug auf ein daneben befindliches (bei der Klägerin versichertes) Gebäude über. Ein Zusammenhang zu einem bestimmten Betriebsvorgang ergab sich aus dem Sachverhalt nicht, sodass für eine Haftung aus § 7 StVG aufgrund der Verwirklichung der Betriebsgefahr des Fahrzeug nur ein Zusammenhang zu einer bestimmten Betriebseinrichtung in Frage kam.
§ 7 Abs. 1 StVG lautet:
Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
1. Die entscheidende Frage, was als eine Betriebseinrichtung angesehen wird, ist derzeit nicht abschließend zu beantworten. Weder der Begriff der Betriebsgefahr, noch der Begriff der Betriebseinrichtung sind in § 7 StVG genannt. Diese sind auf höchstrichterliche Auslegung der Norm zurückzuführen. Dabei steht nachvollziehbarer Weise stets der Opferschutzgedanke im Vordergrund, was zu einer weiten Auslegung der Haftungsnorm führt. Der § 7 StVG soll in diesem Zusammenhang kompensieren, dass eine legale Eröffnung einer Gefahrenquelle rechtlich zulässig ist. Die Rechtsprechung erkennt jedoch auch, dass die Halterhaftung nicht grenzenlos ist. Für die Gruppe der Fahrzeugbrände ist eine Haftung beispielsweise zu verneinen, wenn das Fahrzeug durch einen Dritten vorsätzlich in Brand gesetzt wird. (siehe BGH Urteil vom 27.11.2008 – VI ZR 210/06).
2. Des Weiteren stellte der BGH für Fahrzeuge mit „Arbeitsfunktionen“ fest, dass die Halterhaftung entfällt, wenn ein solches Fahrzeug einen Schaden verursacht und es dabei gänzlich als Arbeitsmaschine eingesetzt wird oder sich eine Gefahr aus einem gegenüber der Betriebsgefahr eigenständigen Gefahrenkreis verwirklicht hat. (vgl. BGH Urteil vom 24.03.2015 – VI ZR 265/14).
Die aufgeworfene Frage wird im erstinstanzlichen Urteil des LG Bielefeld vom 21.07.2017 – 7 O 11/17, welches der Berufung und dem Urteil des OLG Hamm vorausging, auch deutlich anders beantwortet, als im Urteil des OLG Hamm. Das LG Bielefeld meint, dass nur jene Fahrzeugkomponenten als Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs anzusehen sind, die der Fortbewegungs- und Transportfunktion des Fahrzeugs dienen. Dementsprechend verneinte es eine Halterhaftung aus § 7 StVG, da ein Kühlschrank keine Betriebseinrichtung ist. Dem widersprach das OLG Hamm und vertrat dabei die Auffassung, dass jede Fahrzeugkomponente, unabhängig welchem Zweck sie dient, als Betriebseinrichtung anzusehen sei. Hierzu wurde angeführt, dass bei einem durch einen Kurzschluss in der Fahrzeugelektronik verursachten Brand der Anspruch eines Dritten nicht davon abhängen könne, ob das ursächliche Kabel dem eigentlich Zweck oder lediglich dem Komfort (z.B. Radio) diene.
Das OLG erkennt außerdem, dass die sich aus der Ansicht des LG Bielefeld ergebende Haftungslücke den Grundsätzen der Auslegung des § 7 StVG entgegensteht. Insoweit erscheint der vom LG Bielefeld genannte Ansatz zu streng. Der Grundansatz des OLG Hamm ist insgesamt überzeugender. Die sehr absolut formulierte Schlussfolgerung, dass „sämtliche Fahrzeugkomponenten als Betriebseinrichtung anzusehen sind“ überzeugt hingegen weniger.
Eine vertretbare Lösung liegt wohl eher zwischen den Ansichten der verschiedenen Instanzen, denn ein Kühlschrank, der in einem Wohnmobil nicht unüblich ist, vermag nach allgemeiner Lebensansicht keine Betriebseinrichtung sondern viel mehr ein Einrichtungsgegenstand zu sein. Schließlich ergibt sich auch aus dem Wort „Wohnmobil“ ein für ein Kraftfahrzeug atypischer Zweck, nämlich der des Wohnens. Ob dieser Gefahrenkreis mit in die Betriebsgefahr des Kraftfahrzeugs einfließen sollte erscheint fraglich. Eine sinngemäße Übertragung der Rechtsprechung zur Betriebsgefahr von Kraftfahrzeugen mit „Arbeitsfunktionen“ erscheint durchaus angebracht. Demnach würde die Halterhaftung entfallen, wenn ein Schaden verursacht wird, während der Wohnzweck absolut im Vordergrund steht und die Funktion als Kraftfahrzeug für die Verwirklichung des Schadens irrelevant ist. Ein Wohnmobil könnte in diesem Zusammenhang als ein hausähnlicher Gegenstand angesehen werden, der nur „zufällig auf Rädern“ steht. Daher erscheint die Auslegung des § 7 StVG im Urteil des OLG Hamm als zu weitgehend. Im vorliegenden Fall kann nicht wirklich von einer typischen Gefahr eines Kraftfahrzeug ausgegangen werden. Es ist richtig, dass ein Brand grundsätzlich zu den typischen Gefahren eines Kraftfahrzeugs zählt, jedoch ist stets auf die Ursache abzuzielen. Das Feuer an sich ist regelmäßig nur ein Symptom der Kausalkette. Die eigentliche Ursache , hier ein defekter Kühlschrank, geht dem Feuer voraus und ist daher ausschlaggebend.