Wenn der Radlader kracht: Grenzen der Privathaftpflicht

Ein privat gemieteter Radlader erleidet einen Schaden – und plötzlich die Frage: Zahlt die private Haftpflicht, wenn das gemietete Gerät selbst zu Schaden kommt?

Das OLG Celle hat dazu 2024 ein klares Wort gesprochen[1] und dargelegt, warum das Einschluss-Ausschluss-Prinzip heute in den Musterbedingungen nicht mehr empfohlen wird.[2] Der folgende Beitrag ordnet die Entscheidung ein, erklärt Systematik und Dogmatik – und zeigt praxisnah, welche Stolpersteine die Beratung von Privatkunden hat und wo der Versicherungsschutz endet.

Dieser Beitrag wurde von

Jonas Ebbing

im Rahmen des Masterstudiengangs Versicherungsrecht an der TH Köln

Modul 6 – Haftpflichtversicherungs- und Rechtsschutzversicherungsrecht – erstellt.

1) Der Fall als Aufhänger: Wenn DIY am Mietsachschadenausschluss endet

Der Sachverhalt ist schnell erklärt: Ein Versicherungsnehmer leiht sich privat einen Radlader. Bei der Nutzung beschädigt er diesen. Den Schaden meldet er seiner privaten Haftpflichtversicherung (PHV) – doch die verweigert die Regulierung. Die Begründung: Nach den dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Haftpflichtbedingungen (AHB 2008) sind Schäden an gemieteten Sachen ausgeschlossen. Das Oberlandesgericht Celle bestätigt diese Auffassung: Für den Schaden am gemieteten Radlader besteht kein Versicherungsschutz aus der PHV.

Spannend wurde es, weil der Versicherungsnehmer auf Wiedereinschlüsse in den besonderen Bedingungen zur PHV (BB PHV) verwies, die den Gebrauch bestimmter Fahrzeuge in Deckung nehmen. Das OLG macht jedoch deutlich: Diese Klauseln verdrängen den Mietsachschadenausschluss der Ziff. 7.6 AHB nicht, solange es keine ausdrückliche Abbedingung gibt.

Ergebnis: Deckung? Nein.

Unübersichtliche Aus- und Einschlüsse: AHB 7.6, BB PHV 6.1/6.2

Ziff. 7.6 AHB – der Kern des Mietsachschadenausschlusses

Die Ziffer 7.6 AHB nimmt Haftpflichtansprüche wegen Schäden an fremden Sachen vom Schutz aus, wenn der Versicherungsnehmer diese Sachen gemietet, geleast, gepachtet, geliehen hat. Eine Miete lag hier vor, weshalb die Klausel zur Anwendung kommt.[3] Im Celler Fall war damit die Beschädigung des gemieteten Radladers bereits dem Grunde nach nicht versichert, sofern nicht irgendwo ausdrücklich etwas anderes vereinbart war.

Ziff. 6.1/6.2 BB PHV – „Benzinklausel“ und Wiedereinschlüsse

Die BB PHV konkretisieren den Umfang des Versicherungsschutzes und enthalten in Ziff. 6.1 die sogenannte „Benzinklausel“: Schäden durch Gebrauch von Kraft‑, Luft‑ und Wasserfahrzeugen sind grundsätzlich ausgeschlossen, um Doppelversicherung mit der Kfz‑Haftpflicht zu vermeiden und das Risiko für den Versicherer zu begrenzen.[4]

Ziff. 6.2 nimmt einige Teilrisiken – etwa bei Fahrzeugen, die typischerweise privat genutzt werden und kein erhöhtes Risiko begründen – wieder in die PHV auf. Bei einem Radlader stellt sich übrigens die Frage, ob dieser ein typisches Privatrisiko abbildet. Das OLG geht (aber) darauf nicht ein.

Das OLG Celle stellt jedoch klar: Der in Ziff. 6.2 BB PHV geregelte Wiedereinschluss verdrängt Ziff. 7.6 AHB nicht.

3) Auslegung von Versicherungsbedingungen: Was versteht der durchschnittliche Versicherungsnehmer?

Das OLG knüpft an die ständige BGH‑Rechtsprechung an: „Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind.“[5] Daraus folgt im Fall: Wer die BB PHV liest, erkennt, dass die gesetzliche Haftpflicht als Privatperson „im Rahmen der AHB“ versichert wird. Damit bleibt auch der Ausschluss nach 7.6 AHB – ohne ausdrückliche anderslautende Bestimmung weiterhin bestehen.

Die Auffassung des Klägers: Die Regelung zu Schäden an geliehenen, gemieteten, gepachteten Sachen sei unklar iSv § 305 c Abs. 2 BGB, bejaht das Celler Gericht nicht. Ziff. 7.6 AHB ist laut gerichtlicher Auffassung klar formuliert und somit das Gegenteil einer mehrdeutigen Klausel.

4) Abschied vom „Ausschluss–Wiedereinschluss“

Die Celler Besprechung erinnert daran: Das früher dominierende Ausschluss–Wiedereinschluss‑Konzept wurde in der PHV‑Spartenwelt in Teilen abgelöst. Statt AHB plus Spezialbedingungen empfehlen die Musterbedingungen des GDV seit 2016 „durchgeschriebene“, AHB‑lose AVB PHV mit positiver Leistungsbeschreibung. Das schafft (zumindest tendenziell) mehr Transparenz.[6]

Der hier besprochene Fall belegt, warum es Sinn macht, dass das alte Prinzip in der Praxis der PHV heute vielfach abgelöst wird: Der Radladerfall demonstriert plastisch, wie missverständlich die Strukturierungen aus AHB, BB PHV, Ausnahmen und Gegen‑Ausnahmen wirken können.

5) Einordnung der Entscheidung des OLG Celle (3. 7. 2024 – 11 U 8/24)

Kein PHV‑Schutz für Schäden an gemieteten Radladern (Selbstschaden an der Mietsache) aufgrund 7.6 AHB.

Wiedereinschlüsse zum Fahrzeuggebrauch (6.2 BB PHV) ändern daran nichts, solange nicht explizit „abweichend von 7.6 AHB“ geregelt ist.

Keine Unklarheit i.S.d. § 305c Abs. 2 BGB, wenn eine Klausel wie HA 0083 den Abweichungswillen von 7.6 AHB ausdrücklich regelt und Fahrzeuge explizit ausnimmt.

6) In der Praxis: Was ist zu tun, wenn ich einen Radlader miete?

Vor der Miete klären: Welche Versicherung deckt Schäden an der Mietsache? Häufig: separate Maschinen‑/Kaskodeckung über den Vermieter, Selbstbeteiligung beachten.

Vertragsgestaltung: Mietvertrag checken: Haftungsbefreiung, Kaution, Ausschlüsse (z. B. Bedienfehler).

PHV‑Police lesen: Gibt es Sonderbausteine zu Mietsachschäden an Fahrzeugen?

Risikobewusstsein: Selbstschäden an gemieteten Fahrzeugen sind typischerweise nicht PHV‑gedeckt. Plant die Kosten einer möglichen Beschädigung ein – oder lasst’s von Profis machen.

Einen Einschluss mit dem Versicherer besprechen und den Vertrag aktuell halten.

7) „Gefahren des täglichen Lebens“ – nicht grenzenlos gedeckt

Die besonderen Bedingungen zur Privathaftpflicht (BB PHV) definieren in Ziffer 1.1 den Versicherungsschutz als gesetzliche Haftpflicht „aus den Gefahren des täglichen Lebens“.[7] Diese Formulierung hat keine eigene Abgrenzungswirkung und wird durch spezielle Abschnitte wie „Familie“, „Wohnen“, „Tiere“ oder „Kraft-, Luft- und Wasserfahrzeuge“ konkretisiert. Entscheidend ist: Bereits in Ziffer 1.1 wird ausdrücklich auf die Geltung der AHB hingewiesen. Damit bleiben deren Ausschlüsse bestehen, sofern sie nicht ausdrücklich aufgehoben werden.

8) Fazit – und ein Ausblick

Das OLG Celle präsentiert einen Fall, der die Bedeutung klar strukturierter Versicherungsbedingungen unterstreicht: Ein Ausschluss bleibt wirksam, solange er nicht ausdrücklich aufgehoben wird. Für die Praxis bedeutet das: Mietgeräte sind kein Standardrisiko in der Privathaftpflicht. Wer schwere Maschinen privat einsetzen möchte, braucht eine separate Absicherung – oder sollte die Arbeit besser Fachleuten überlassen.

Auch die Versicherungswirtschaft erkennt den Trend zu DIY. Die ersten Versicherer bieten Bausteine an, um geliehene und gemietete Fahrzeuge gegen Mehrbeitrag mitzuversichern.

„Versichert ist – abweichend von A1-A1 – 7.14 – die gesetzliche Haftpflicht aus der Beschädigung von geliehenen und gemieteten Fahrzeugen, deren Gebrauch […] mitversichert ist.“ [8]

Somit wird in Zukunft eine Reihe von Privatpersonen einen Schutz gegen Beschädigungen an geliehenen und gemieteten Arbeitsmaschinen erwerben.


[1]vgl. OLG Celle Beschl. v. 3.7.2024 – 11 U 8/24, BeckRS 2024, 17411                           

[2]AVB für die Privathaftpflichtversicherung Stand 05/2020 (Musterbedingungen GDV)

[3]vgl. HK-VVG/Schimikowski, 5. Aufl. 2025, AHB 2014 Ziff. 7 Rn. 43

[4]vgl. Veith/Gräfe/Lange/Rogler PHdB-VersProz/Betz, 5. Aufl. 2023, §14 Rn. 365

[5] BGH NJW-RR 2023, 1073 Rn. 14 = VersR 2023, 1165; NJW 2023, 2040 Rn. 9 = VersR 2023, 585 ; stRspr

[6]vgl. OLG Celle: Mietsachschadenausschluss in der Privathaftpflichtversicherung, r+s 2024, 804, beckonlinAnmerkung von RA Prof. Dr. Peter Schimikowski, 2024

[7]vgl. Veith/Gräfe/Lange/Rogler, Der Versicherungsprozess, 5. Aufl. 2023, §14 Rn. 317

[8] AVB LVM-PHV-Premium, Stand 04/2025, Ziff. A4-1.8, LVM-Versicherung a.G.