Professor Dr. Lutz Reimers-Rawcliffe, der am ivwKöln für das Fach Transportversicherung zuständig ist, hat uns kurz vor seiner Pensionierung noch einen Einblick in seine unveröffentlichte Ausarbeitung zum Thema „Die Bibel aus der Sicht der Transportversicherung“ zukommen lassen:
Einleitung
Von der Fachschaft wurde ich einst gebeten, etwas zur Weihnachtsfeier beizutragen. Meine Gegenfrage war sogleich „Etwas Weihnachtliches oder etwas Lustiges?“. (An Plätzchen hatte ich gar nicht erst gedacht.) Sie wollten am liebsten beides, und das brachte mich in Verlegenheit. Wo sollte ich innerhalb einer Woche etwas Weihnachtliches und Lustiges finden, das der Kollege M. noch nicht vorgelesen hatte?
Dann kam ich auf eine andere Idee. Sie müssen wissen, dass Haushaltsmittel, Besoldung usw. der Professoren zunehmend von der wissenschaftlichen Tätigkeit, sprich: Publikationen, abhängig gemacht werden. Ich zeichne mich ja in der Beziehung durch eine gewisse Sterilität aus, was mir auch immer höchst peinlich ist, wenn ich, etwa im Zusammenhang mit den Akkreditierungen unserer Studiengänge, auf die langen Publikationslisten meiner Kollegen schaue.
Aber vermutlich ist relativ wenig bekannt, dass ich seit einer ganzen Weile an einer Buchveröffentlichung arbeite, von der ich mir nicht nur mit einem Schlag Anerkennung in der Welt der Versicherung, sondern auch den Segen der Kirche erhoffe. Der Titel lautet:
„Die Bibel aus der Perspektive der Transportversicherung.“
Das werden einige von Ihnen vielleicht nicht lustig finden, aber einige Themen haben auch etwas mit Weihnachten zu tun.
Die Heilige Familie auf dem Weg nach Bethlehem und die Reiserücktrittkostenversicherung.
Bekanntlich machte sich der Zimmermann Joseph aus Nazareth auf mit seiner schwangeren Frau Maria, um sich in Bethlehem einer Volkszählung zu unterziehen. Wir wissen, dass diese selbst organisierte Reise miserabel geplant war, zum Beispiel hatten sie versäumt, eine Unterkunft zu reservieren, und fanden keinen Platz in der Herberge.
Nehmen wir einmal an, Joseph hätte stattdessen frühzeitig eine Pauschalreise gebucht und eine Reiserücktrittkostenversicherung abgeschlossen. Je nachdem, wann Maria dann zu ihm kam („Du ahnst nicht, was mir passiert ist …“) hätte er sich wegen Schwangerschaft einer mitversicherten Person zu Nichtantritt oder Abbruch entschließen können. (Ich meine: Abbruch der Reise, geschmacklose Scherze liegen mir fern.) Könnte der Versicherer einwenden, dass die Schwangerschaft vorsätzlich herbeigeführt worden ist? Wurde die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen? Oder liegt vielleicht Höhere Gewalt vor? Ich denke, damit schneiden wir eines der heikelsten theologischen Probleme überhaupt an. Ohne Rücksprache mit dem Kardinal sollte ich dieses Thema nicht weiter verfolgen.
Die Heiligen Drei Könige
Auf ein weiteres Beispiel aus den Sonderzweigen der Transportversicherung möchte ich aus Platzgründen an dieser Stelle verzichten. Es geht dabei um die Frage, ob für die Heiligen Drei Könige für den begleiteten Transport von Weihrauch und Myrrhe aus dem Morgenland nach Bethlehem eine Valorenversicherung sinnvoll gewesen wäre.
Außerdem möchte ich uns Ausführungen zum Thema „Die Einheitsversicherung und die Heilige Dreifaltigkeit“ ersparen.
Finale
Soweit Auszüge und Überlegungen aus meinem Buch. Eigentlich wollte ich mit Ihnen zum Abschluss noch ein Weihnachtslied singen. Dummerweise kommt mir dabei immer meine berufliche Denkweise in die Quere.
„Vom Himmel hoch, da komm ich her…“ – Das erinnert mich zu sehr an den Totalschaden in der Luftfahrtversicherung.
„Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben…“ Ist es dem Weihnachtsmann als Frachtführer zuzumuten, die Güter durch den Kamin in die aufgehängten Socken zu liefern? Ist das die vom Versender bestimmte Stelle? Und wer ist überhaupt der Versender?
„Es kommt ein Schiff geladen, bis an sein höchstes Bord“. – Ein klarer Fall von Seeuntüchtigkeit wegen mangelhafter Beladung.
„Macht hoch die Tür, die Tor‘ macht weit“. Das erinnert mich an Obliegenheitsverletzungen in der Diebstahlsversicherung.
Fazit: man soll Beruf und Weihnachten nicht zu sehr vermischen. Ich werde deshalb den Dekan fragen, ob er mich bis Weihnachten von der Arbeit freistellt, damit mir nicht die Stimmung verdorben wird. Und meine Frau würde sich auch freuen.